Beschluss: Beschlossen

Abstimmung: Ja: 7, Nein: 2

Sachverhalt:

Am 12. Oktober wurde bei der Verwaltung folgendes Bürgerbegehren eingereicht: „Ausweisung Mischgebiet an der Winnestraße“. Das Bürgerbegehren ist dieser Beschlussvorlage als Anlage beigefügt.

 

Vertreter des Bürgerbegehrens sind:

 

1.       Herr Stefan Müller, Flörstraße 27a, 63924 Rüdenau

2.       Herr Kevin Mühling, Rosenbergstraße 22, 63924 Rüdenau

 

Gemäß Art. 18a Abs. 8 GO entscheidet der Gemeinderat unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Einreichung des Bürgerbegehrens, über die Zulässigkeit.

 

Die Verwaltung hat die eingereichten Unterschriften (Stand 12. Oktober 2021) des Bürgerbegehrens mit folgendem Ergebnis überschlägig überprüft:

 

Es waren 304 Eintragungen vorhanden. Es hat nur eine überschlägige Prüfung stattgefunden, da das Bürgerbegehren aus anderen Gründen als unzulässig anzusehen ist.

 

Nach Art. 18a Abs. 6 GO muss ein Bürgerbegehren in Rüdenau (Kategorie bis zu 10 000 Einwohner) von mindestens 10 v.H. der Gemeindebürger unterschrieben sein. Die Zuordnung zur o.g. Kategorie erfolgte nach der offiziellen Einwohnerzahl per 30.06.2019 (727 Einwohner lagen zu diesem Zeitpunkt vor) lt. Mitteilung des Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung in Bayern. Im zum 12.10.2021 angelegten Bürgerverzeichnis sind 622 Bürgerinnen und Bürger enthalten. Das Bürgerbegehren hat mit bislang 304 Unterschriften somit das geforderte Quorum von 63 Unterschriften deutlich übertroffen.

 

Rechtliche Prüfung und Würdigung des Bürgerbegehrens:

 

Unterschriften, Gestaltung der Unterschriftslisten, Vertreterbenennung

 

Diese Voraussetzungen liegen vor.

 

Kein Ausschlussgrund nach Art. 18a Abs. 3 GO

 

Ein Ausschlussgrund nach Art. 18a Abs. 3 GO liegt nicht vor.

 

Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde, Art. 18a Abs. 1 GO

 

Beim vorliegenden Bürgerbegehren handelt es sich eindeutig um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde. Zum eigenen Wirkungskreis gehört ferner die Bauleitplanung als Teil der kommunalen Planungshoheit.

 

Mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung, Art. 18a Abs. 4 GO

 

Nach Art. 18a Abs. 4 GO muss das Bürgerbegehren eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung und eine Begründung enthalten. Diese Voraussetzung ist erfüllt.

 

Entscheidungscharakter

 

Die mit dem Bürgerbegehren unterbreitete Fragestellung muss Entscheidungscharakter besitzen. Dies

ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes, da Art. 18a Abs. 4 S. 1 GO von einer „zu entscheidenden Fragestellung“ und Art. 18a Abs. 14 GO von der „verlangten Maßnahme“ spricht.

Diese Voraussetzungen sind eingehalten.

 

 

Bestimmtheit der Frage

 

Die Zulassung eines Bürgerbegehrens setzt als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal eine ausreichend bestimmte Fragestellung voraus. Auch dies ist gegeben.

 

Verstoß gegen rechtliche Vorschriften

 

Es liegt ein Verstoß vor. Die Fragestellung des Bürgerbegehrens lautet: „Sind Sie dafür, dass in der Winnestraße im Rahmen eines ordentlichen Bauleitplanungsverfahrens ein Mischgebiet ausgewiesen wird.“

 

Damit ist das Bürgerbegehren auf ein rechtlich unzulässiges Ziel gerichtet, weil es auf einen Verstoß gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB hinauslaufen würde.

 

Zwar kann mit einem Bürgerbegehren die Aufstellung eines Bebauungsplanes eingeleitet werden. Jedoch muss die konkrete Fragestellung eines Bürgerbegehrens mit den Vorschriften des materiellen Baurechts in Einklang stehen.

Wenn die Bauleitplanung zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden solle, ist zu unterscheiden, ob nur eine Grundsatzentscheidung über die gemeindliche Planung mit Rahmen­festlegungen getroffen werden soll, oder ob demgegenüber konkrete Festsetzungen und Darstellungen vorgegeben werden sollen, die die im Verfahren der Bauleitplanung erforderliche Abwägung unzulässig beschränken würde.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach entschieden, dass in die Bauleitplanung eingreifende Bürgerbegehren, die ein positives Planungsziel verfolgen, nur dann zulässig sind, wenn dem planenden kommunalen Gremium noch ein Planungsspielraum und damit Abwägungsspielraum von substantiellem Gewicht verbleibt und genügend Alternativen zur Abwägung in der konkreten Planung offen gehalten werden.

Unzulässig wegen des Verstoßes gegen das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB ist ein auf eine Bauleitplanung gerichtetes Bürgerbegehren jedenfalls dann, wenn dessen Fragestellung auf konkrete grundstücksbezogene Festsetzungen i.S.d. § 9 Abs. 1 BauGB bzw. der Baunutzungsverordnung abzielt, die der noch zu beschließende Bebauungsplan unverändert übernehmen soll.

Dies betrifft insbesondere die Fälle, in denen mit bindender Wirkung für das weitere Planaufstellungs- verfahren über die Bebaubarkeit bestimmter Flächen hinsichtlich der Art (wie z. B. Mischgebiet, § 1 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO) …bestimmt werden soll.

Mit einer solchen plebiszitären Selbstbindung wird, selbst wenn es im Einzelfall nur um planerische Detailfragen geht, die Entscheidung über die betreffende Festsetzung bereits vollständig vorweggenommen; dem Gemeinderat verbleibt insoweit bei seiner abschließenden Abwägungsentscheidung keinerlei Abweichungs-, Ausgestaltungs- oder Konkretisierungsspielraum mehr (vgl. BayVGH , Beschl. V. 18.01.2019 – 4 CE 18.2578).

 

Wo die Grenze zwischen Vorgabe eines Rahmens und unzulässiger Beschränkung des Abwägungsvorgangs selbst liegt, ist eine Frage des Einzelfalls.

 

Auszugehen ist dabei zunächst von dem Wortlaut der Frage des Bürgerbegehens, das die Formulierung „ein Mischgebiet ausgewiesen wird“ verwendet. Der Wortlaut dieser Fragestellung lässt zunächst objektiv durch das Wort „wird“ darauf schließen, dass es schon um das Ergebnis der Darstellung, und nicht nur um einen bloßen Aufstellungsbeschluss mit der Angabe eines noch unverbindlichen Planungszieles oder um eine bloße Rahmenvorgabe gehen soll.

 

Bei objektiver Betrachtung muss ein unbefangener Bürger die Fragestellung des Begehrens so verstehen, dass die Ausweisung eines Mischgebietes ohne Wenn und Aber zu erfolgen hat.

 

Auch in der Begründung wird beschrieben: „Um die Grundstücke auch weiterhin als Lagerplatz der Firma Seyfried nutzen zu können, müssen diese als Mischgebiet ausgewiesen werden.“ Auch damit wird unbefangenen Bürger*innen impliziert, dass die Ausweisung eines Mischgebiets alternativloses Planungsziel ist und als solches durch das Bürgerbegehren verfolgt werden soll. Gerade dies führt aber zu einem Verstoß gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB.

 

Keine bereits vollzogene Maßnahme

 

Auch diese Voraussetzung wäre erfüllt.

 

Begründung Art. 18a Abs. 4 GO

 

Das Bürgerbegehren enthält, der gesetzlichen Forderung entsprechend, eine Begründung.

 

Inhalt der Begründung

 

Der Inhalt der Begründung ist zu beanstanden. Hierzu wird aber auf die Ausführungen unter „Verstoß gegen rechtliche Vorschriften“ verwiesen.

 

 

Ergebnis

 

Es ist festzustellen, dass das vorliegende Bürgerbegehren unzulässig ist.

 


Beschluss:

Das am 12. Oktober 2021 eingereichte Bürgerbegehren „Ausweisung Mischgebiet an der Winnestraße“ ist unzulässig.