Sachverhalt:
Mit Beschluss vom 19.06.2018 wurde die Normenkontrollklage gegen die Änderung der Verordnung über den „Naturpark Bayerischer Odenwald“ und Ausweisung von Ausnahmezonen für Windkraftnutzung im Landschaftsschutzgebiet des „Naturparks Bayerischer Odenwald“ beschlossen.
Rechtsanwalt Brauns wurde mit diesem Beschluss zur anwaltlichen Vertretung der Gemeinde Rüdenau bestimmt.
Das Normenkontrollverfahren ruhte einige Zeit, da das Gericht eine Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs abwarten wollte. Diese Grundsatzentscheidung ist mittlerweile ergangen, so dass das Verfahren theoretisch fortgeführt werden könnte.
Zwischenzeitlich sind jedoch auch andere Gesetzesänderungen in Kraft getreten, die aus Sicht der Verwaltung gegen die Fortführung des Klageverfahrens sprechen.
- Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes § 26 (3):
„In einem Landschaftsschutzgebiet sind die Errichtung und der Betrieb
von Windenergieanlagen sowie der zugehörigen Nebenanlagen nicht verboten, wenn
sich der Standort der Windenergieanlagen in einem Windenergiegebiet nach § 2
Nummer 1 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S.
1353) befindet.
- Windbedarfsgesetz
Windenergiegebiete im Sinne des Windbedarfsgesetzes (WindBG) sind grundsätzlich solche Flächen, die als Vorrang- bzw. mit diesen vergleichbaren Gebieten in Raumordnungsplänen (Regionalplan)…ausgewiesen sind. (§ 2 Nr. 1b WindBG)
- Wind-an-Land-Gesetz in Kraft seit 01.02.2023
Verpflichtung der Bundesländer zur Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung an Land. In Bayern 1,1% der Fläche bis zum 31.12.2027. Zur Erreichung dieses Ziels wird die Bindung an entgegenstehende Planungen aus dem Baugesetzbuch (§ 249 Abs. 5 S. 1) gelockert.
Bei der Ausweisung von Windenergiegebieten ist der jeweils zuständige Planungsträger an entgegenstehende Ziele der Raumordnung oder entgegenstehende Darstellungen in Flächennutzungsplänen nicht gebunden, soweit dies erforderlich ist, um den Flächenbeitragswert i.S. des WindBG zu erreichen.
Aufgrund dieser gesetzlichen Änderungen ist ein Normenkontrollverfahren gegen die Ausweisung von Ausnahmezonen für Windkraftnutzung im Landschaftsschutzgebiet aus Sicht der Verwaltung nicht sinnvoll, da die Ausweisung der Vorranggebiete für Windkraft nun auch im bestehenden Landschaftsschutzgebiet möglich ist.
Die Verwaltung schlägt deshalb vor, den Normenkontrollantrag zurückzuziehen und den Vertrag mit Rechtsanwalt Brauns zu beenden.
Beratung:
GR Farrenkopf fragt, von welchen Kosten man ausgehen muss, wenn man weiterklagt.
Lt. Herr Geutner werden Anwaltskosten in Höhe von 300 €/Stunde anfallen. Das Verfahren wurde Anfang 2018 gestoppt, da die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes abzuwarten war. Es ruhte bisher. Für Rechtsanwalt Brauns war eine Pauschalvergütung von knapp 5.000 € festgelegt worden plus pauschal 700 € für eine persönliche Anreise.
Der vorausgegangene Gemeinderat hatte durchgeboxt, dass Rüdenau einen Ansatz hatte, gegen die Aufstellung von Windrädern vorzugehen, so GRin Mühling. Inzwischen hat sich allerdings die Gesetzeslage geändert. Heute hat sie einen Bericht verfolgt, dass eine Gemeinde z. B. ihre Klage beibehält. Sie fragt, ob man manuell aussetzen könne, um dann evtl. wieder aktiv zu werden.
Herr Geutner wiederholt, dass jetzt zu entscheiden ist, ob man das Klageverfahren beim Bundesgericht Leipzig weiterbetreiben möchte, oder man aufgrund der Rechtsgrundlage – damals war keine Windkraftanlage im Naturschutzgebiet möglich – jetzt schon – die Klage beendet.
Bei einer Beteiligung der Gemeinde fällt, lt. Zweitem BGM Pfister, ein Stück vom Kuchen ab, ansonsten nicht. Gebaut werden die Anlagen sowieso.
Bernd Geutner betont, dass sich die Rechtsgrundlagen geändert haben und niemanden mehr interessiert, was in der Naturparkverordnung steht. Man schaut, ob im Regionalplan Flächen festgelegt sind.
GR Meixner ist der Meinung, dass dann eine Klageweiterführung keinen Sinn macht.
Herr Finn aus dem Zuschauerraum bittet als ehemaliger Gemeinderat um Erlaubnis zur Wortmeldung.
Alle Gemeinderäte sind damit einverstanden.
Herr Finn berichtet, dass der damalige Gemeinderat eine Besichtigung vorgenommen hat. Fakt ist, dass Aufstellungsorte für Windkraftanlagen nicht auf der Gemarkung Rüdenau, sondern auf den Höhenlinien Miltenbergs liegen, man der Gemeinde Windräder vor die Nase setzt, aber die Gemeinde keine Einnahmen haben wird. Er appelliert an das Gremium, sich ausführlich beraten zu lassen, welche Möglichkeiten eine Kommune überhaupt hat.
Lt. Zweitem BGM Pfister möchte man mit dem Randstück locken, jedoch haben Miltenberg und der Fürst Kleinheubach die Entscheidung.
Es geht darum, ob eine anhängige Klage mit Entscheidung zur Einrichtung von Ausnahmezonen im Naturpark weitergeführt werden soll, so Bernd Geutner. Die Regelungen der Naturparkverordnung haben keine Entscheidungskraft mehr, da sich die Rechtsgrundlagen geändert haben. Ob sich die Gemeinde im späteren Verfahren beraten lassen möchte, ist eine andere Sache. Anwalt Brauns bittet um eine Entscheidung des Gemeinderates.
Beschluss:
Der Normenkontrollantrag gegen den Bezirk Unterfranken
zur Verordnung über den „Naturpark Bayerischer Odenwald“ wird zurückgezogen.
Die Beauftragung des Rechtsanwalt Brauns wird beendet.